IV - Magistrale Herstellung

Die „magistrale Herstellung“ durch den behandelnden Arzt

Ärzte dürfen gemäß § 13 Abs. 2b) AMG individuelle Phagenpräparate für Ihre Patienten erlaubnisfrei herstellen (lassen), soweit sie den Herstellungsprozess persönlich leiten und überwachen (sog. „magistrale Herstellung“). Sie dürfen sich dabei von einer Pharmazeutin und/oder Mikrobiologin beraten lassen und können die einzelnen Herstellungsschritte durchaus auch delegieren. Das Labor muss auch keinesfalls ortsnah sein; es muss nur sichergestellt sein, dass die behandelnden Ärzte die Befehlsgewalt über den Herstellungsprozess innehaben, diesen jederzeit überwachen und Anweisungen geben können. Das kann man im Zivilrecht mit kommerziellen Laboren vertraglich regeln.

Bsp. (1): Universitätsklinika mit angegliederter Mikrobiologie

Bsp. (2): Klinikärztin oder niedergelassene (ASV-)Ärztin und Herstellungsvereinbarung mit kommerziellem Phagenlabor

Sie dürfen die Phagentherapie dabei in Ihrem eigenen Fachbereich, aber auch als Konsiliarärzte für andere Fachbereichskolleginnen an Ihrer Klinik anwenden.

D.h.,Ärzte dürfen sich also nach derzeit (und immer schon) geltender Rechtslage jederzeit erlaubnisfrei mit „magistral“ (also „eigenverantwortlich“) hergestellten Phagenprodukten versorgen und sämtliche Patienten ihrer Klinik damit behandeln.

Im niedergelassenen Bereich kommt die Gründung einer sog. ASV nach § 116b SGB V in Betracht, wonach ein Phagenspezialist die Patienten anderer Kollegen speziell mit Phagen behandeln und dies gesondert abrechnen darf. Derzeit ist die Abrechnung allerdings noch auf individuelle Heilversuche beschränkt („compassionate“-Fälle).

Ärzte, die Phagen selbst herstellen, müssen dies lediglich gemäß § 67 Abs. 2 AMG der Aufsichtsbehörde in ihrem Regierungsbezirk anzeigen, und zwar mit Bezeichnung und Zusammensetzung der Präparate.

Die Behörde darf dann (nur) prüfen,

  • ob das Labor die GLP und die Arbeitsschutzbestimmungen nach BAuA/TRBA (S2/L2) einhält, und
  • ob bei der Phagenherstellung der aktuelle wissenschaftliche Standard angewandt wird. Wenn im dt. und EU-Arzneibuch (Pharmakopoë) bereits eine Herstellungsanleitung („Monographie“) formuliert wurde, bildet diese den Maßstab. Da derzeit in beiden Arzneibüchern noch keine Monographie zur Herstellung von Phagen aufgenommen wurde, darf auf frei verfügbare wissenschaftliche Veröffentlichungen zurückgegriffen werden. Derzeit ist die Belgische Monographie des Mikrobiologischen Labors am Queen-Astrid-Military-Hospital (QAMH) Brüssel die einzige Herstellungsanleitung, die innerhalb der EU entwickelt und in allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Publikationsorganen veröffentlicht und zur Diskussion gestellt wurde. Damit stellt diese derzeit den aktuellen wissenschaftlichen Herstellungsstandard innerhalb der EU dar.

Werden diese beiden Bedingungen eingehalten, kommt ein Verbot nicht in Betracht.

Good Manufacturing Practice (GMP)

Insbesondere darf die Behörde nicht auferlegen, dass bei der Eigenherstellung das Regelwerk der Guten Herstellungspraxis (GMP) angewandt wird, was die Herstellung von individuellen Rezepturen unmöglich machen würde. Auch eine Variante der GMP-Regelwerks darf von der Behörde nicht auferlegt werden, denn bei diesem Regelwerk handelt es sich nicht um einen pharmazeutisch-wissenschaftlichen Standard, sondern um öffentlich-rechtliche Auflagen zur Arzneimittelsicherheit.

Die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) verweist für die Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen grds. auf den EU-GMP-Leitfaden. Davon ist die magistrale Herstellung von Bakteriophagen-Arzneimitteln aber ausdrücklich ausgenommen.

Rechtsweg:

Gegen Verbote oder Auflagen der Behörden kann der betroffene Arzt Klage beim Verwaltungsgericht einlegen. Dort werden die Zulässigkeit der Verfügung und die Verhältnismäßigkeit an sich (Geeignetheit und Erforderlichkeit) mit Hilfe von Sachverständigen überprüft.